Für Dich.

Vergib mir.

Da steh ich in einem brennenden Wald und weiß nicht, wohin ich gehen soll? Die Flammen haben einen Kreis um mich gezogen. Wo ist hier der Ausgang? Wo ist ein Stück Erde, welches frei vom Feuer ist?  Es brennt überall. Es ist so heiss. Ich will hier weg und kann mich nicht bewegen. Es macht keinen Sinn, denn jeder Schritt bedeutet, ein Schritt in Richtung sterben.

Will ich sterben? Nein. Ich will leben. Und doch hat mir das Leben das Feuer vor meine Füsse gelegt oder besser gesagt, ich steh mitten in den Flammen – im heissen Gebet. Ich bin hilflos und Wut steigt in mir auf. Ich will jetzt nicht beten. Ich will hier raus. Wut auf den Täter, der die Flammen gelegt hat?  Ich klage hier an und will dem unsichtbaren Schuldigen, der mein Leben mit diesen Flammen bedroht, zur Verantwortung ziehen. Es dauert nicht lange und ich spüre die Sinnlosigkeit meiner Wut und Anklage. Es gibt etwas anderes zu tun, als in diesem Moment anzuklagen.

Ich bin hier in Not und was soll hier die Wut?

Tod

Der Tod klopft an die Türe. Ich steh da und weiß nicht, was ich machen soll und fange an, zu weinen. Ein tiefer Schmerz in mir wird wach. Hab ich mein Leben gut gelebt? Habe ich noch etwas offen in meinem Leben? Hinterlass ich mein Leben geordnet? Oder müssen meine Liebsten für mich aufräumen und meinen Dreck wegräumen? Wem muss ich um Vergebung bitten?

Ich beginne,  mein Leben  noch einmal ganz genau anzuschauen. Ich hab nicht mehr viel Zeit. Es kann in jedem Augenblick zu Ende sein. Mein Leben läuft wie im Film ganz schnell an mir vorüber und ich sehe Momente in meinem Leben, wo ich nicht ganz achtsam gewesen war. Ich sehe und fühle den Schmerz, den ich bei anderen verursacht habe – aus Unwissenheit und Mangel an Mitgefühl, weil ich mich im Recht sehnte oder es mit dem anderen gut meinte, ohne zu wissen, wie es den anderen mit dem, wie ich war,  ergangen war.

Hier in den Flammen stehend, fühle ich nun, wie es sich für den anderen angefühlt hat. Es tut so weh. Es tut mir leid. Ich beginne, die Liebe zu fühlen. Sie hat mich zum Schmerz geführt. Ich wende mich dem Schmerz zu. Ich spüre die Vergebung, die schon lange im Raum war und darauf gewartet hat, bemerkt zu werden. Die Vergebung ist immer da.  Egal, wo wir sind. Doch niemand hat diese Vergebung jemals gesehen. Ich fühle Vergebung in jenem Moment.

Vergebung

Ich vergebe mir und meiner Unzulänglichkeit. Ich vergebe den Menschen  in ihrer Unzulänglichkeit,  in dem Wissen, dass sie es nicht besser wissen – so wie ich. Doch jetzt weiß ich es. Es braucht nicht viel – außer die Vergebung in die Arme zu nehmen und sie zu fühlen. Ich breite meine Arme über meinem Kopf aus und rufe nach der Vergebung. Ich bin auch damit einverstanden, wenn sie nicht in meine Arme mag. Ich will die Verantwortung für mich übernehmen, denn ICH steh hier im brennenden Wald und niemand anderes. ICH bin es selbst, die in den Wald gegangen ist und es war einfach nicht zu erahnen, dass dieser auch in jenem Moment meines Daseins brennen könnte?

Daran hab ich einfach nicht gedacht.  Niemand kann etwas dafür, dass ich hier bin. Ich übernehme voll und ganz die Verantwortung für mein Leben. Meine Tränen fließen wie Bäche über meine Wangen zu meinen Füssen und bilden einen kleinen See. Meine Arme über die Flammen werden zu rauchenden Flügeln.  Ich weiß, mir kann  jetzt nichts mehr passieren. Ich bin voll einverstanden, mit dem, was gerade um mich herum passiert.

Ich bin stark und die Zuversicht ruft mir zu: „Bleib einfach stehen, geh nicht weg. Alles ist gut. Du braucht nur Warten, Dich in Geduld und Vergebung üben. Das Feuer wird sich auf die Erde legen und in den Schlaf des Friedens wiegen. “ Ich verstand und das Vertrauen war da. Es wurde still.  Ich war nicht allein. Die Flammen brannten und alles war gut so.

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